Die schleichende Katastrophe

An jedem Freitag bildet sich vor dem Rathaus von São Filipe eine lange Schlange von Menschen, die auf einen Bezugsschein für Grundnahrungsmittel hoffen. Dieser wird von der Stadtverwaltung an bedürftige Familien ausgegeben, um die unmittelbare Not insbesondere der Landbevölkerung zu lindern. Diese Not ist durch den kompletten Ernteausfall wegen der Dürre in den mittleren und südlichen Kreisgebieten im Jahr 2014 entstanden.

62% der Bevölkerung des Kreises São Filipe (ca.14000 Menschen) leben von Landwirtschaft und Viehzucht und viele Familien stehen vor existentiellen Problemen. Die Weideflächen südlich von Santo Antonio bis hin nach Cova Figueira sind verdorrt und Viehfutter muss von weit her transportiert werden. Diejenigen, die keine finanziellen Rücklagen besitzen und keine Zuwendungen von Verwandten in Übersee bekommen, können die Transportkosten jedoch nicht bezahlen. Viele Ziegen werden billig verkauft oder notgeschlachtet.

Die Menschen in der Schlange vor dem Rathaus haben es immerhin mit dem aluguer bis nach São Filipe geschafft. Aber auch das kostet Geld. Unter den vielen Menschen, die ihre Lage als aussichtslos ansehen, macht sich oft Apathie breit, es kommt zu Mangelernährung bis hin zu Hunger und es fehlt der Antrieb, sich für eine Verbesserung der Situation einzusetzen.

Und das zieht Kreise: wo das Geld fehlt, machen auch die Einzelhändler keinen Umsatz mehr, die Handwerker erhalten keine Aufträge, das Schul- oder Kindergartengeld ist nicht mehr bezahlbar usw.

Gleichzeitig sind große Mengen an Hilfsgütern und Spendengeldern vorhanden. Allein die angolanische Regierung hat 1200 Tonnen Materialspenden im Wert von ca. 7 Mio. Dollar nach Fogo verschifft. Und das ist nur ein Bruchteil der Hilfen für Fogo. Auch aus den USA, Portugal, Deutschland und vielen anderen Ländern kommen Güter und Gelder in großem Umfang nach Fogo. Aber auf allem klebt das Schild „Nur für Opfer der Vulkankatastrophe“. Das Schicksal der ca. 800 Menschen, die durch den Vulkanausbruch ihre Heimat verloren haben, hat international große Beachtung gefunden und eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst.

Die Verwendung dieser Mittel wird von vielen Seiten argwöhnisch beobachtet. Und sollten diese Hilfen nicht bestimmungsgemäß verwendet werden, ist eines gewiss: der Aufschrei der Opposition „Veruntreuung von Spendengeldern“.

Gleichzeitig nehmen die Spannungen zwischen den Opfern der Vulkankatastrophe und der notleidenden restlichen Bevölkerung zu und die Integration der durch den Vulkanausbruch Vertriebenen in die bestehenden Gemeinden wird schwieriger.

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Forum zur Neugestaltung der Insel Fogo

Der Vulkanausbruch vom 23. 11.2014 in der Chã das Caldeiras wurde am 8. Februar 2015 offiziell für beendet erklärt, nachdem die vulkanische Aktivität dauerhaft auf ein unerhebliches Maß zurückgegangen war.

Am 2. und 3. März fand nun in São Filipe ein Forum statt, auf dem die mittel- und langfristigen Konsequenzen des Vulkanausbruchs diskutiert und beraten wurden. Es nahmen Vertreter aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens, Geologen und andere Fachleute und Vertreter der evakuierten Bevölkerung der Chã das Caldeiras teil.

João Vieira, der Leiter des nationalen Instituts für Landvermessung teilte zu Beginn einige Fakten mit: 51 ha oder 89% des besiedelten Gebietes in der Chã das Caldeiras wurden von der Lava überflutet. 229 von 234 Wohnhäuser wurden zerstört und 208 der 848 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche ebenfalls.

Hinsichtlich der Neuansiedlung der evakuierten Bevölkerung gehen die Expertenmeinungen auseinander. Bruno Faria vom Nationalen Institut für Meteorologie und Geophysik hält eine Wiederbesiedlung der Chã das Caldeiras im Bereich des Monte Amarelo grundsätzlich für möglich, weil dort keine Überflutung durch Lava zu erwarten ist. Jeremias Cabral, Geologe des nationalen Zivilschutzes, ist dagegen der Ansicht, dass eine Reihe weiterer Aspekte in Betracht gezogen werden müssen: z.B. die mögliche Blockierung der Zufahrtswege, die Stärke der bei einem Vulkanausbruch auftretenden Erdbeben oder die Intensität der Luftverunreinigung. Er lehnt eine Wiederbesiedlung der Chã grundsätzlich ab.

Manuel Pinheiro vom Zentrum für politische Strategien der Regierung vertrat die Ansicht, dass eine dauerhafte Besiedlung der Chã nicht mit öffentlichen oder internationalen Mitteln unterstützt werden sollte. Er sprach sich für eine sichere Zuwegung von Campanas em Cima nach Montinho, eine Wiederbelebung der Landwirtschaft einschließlich des Weinanbaus mit einer entsprechenden Infrastruktur und eine Neugestaltung der touristischen Angebote aus.

Ministerpräsident José Maria Neves kündigte an, die Entscheidung über den Standort einer neuen Siedlung für die evakuierte Bevölkerung der Chã innerhalb der nächsten 3 Wochen treffen zu wollen.

Von verschiedenen Vertretern der evakuierten Bevölkerung wurde bemängelt, dass die Beiträge dieses Forums oft sehr theoretisch und praxisfern gewesen seinen und eine Lösung der konkreten und aktuellen Probleme der betroffenen Familien nicht näher gerückt sei.

 

 

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Neue Untersuchung zur Anzahl der vom Vulkanausbruch betroffenen Personen

Sao Filipe, 07.2. (Inforpress) – Die mit der Betreuung der evakuierten Familien befaßten Behörden (Gemeinde-verwaltungen, Zivilschutz und Rotes Kreuz) beginnen am Montag eine neue Befragung, um Personen herauszufiltern, die zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs nicht in der Chã das Caldeiras ansässig waren, sich aber in die Liste der Betroffenen eingetragen haben.

Alle diese Personen erhalten eine wöchentliche Grundversorgung in Form von Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs. Der Gesamtaufwand dieser Hilfe beträgt etwa 27.000,00 Euro pro Woche.

Ein Team, das sich aus Bewohnern der Cha das Caldeiras und der beteiligten Behörden zusammen setzt, wird die Zentren Mosteiros, Achada Furna, Monte Grande und Stadtteile von Sâo Filipe aufsuchen, um die Daten neu zu erheben.

Laut Arlindo Lima, dem Leiter des Zivilschutzes, gibt es Personen, die seit zweieinhalb Monaten von der Notfallversorgung profitieren, ohne in der Cha das Caldeiras gelebt zu haben. Nach der Volkszählung von 2010 betrug die Einwohnerzahl der Chã das Caldeiras 697. Nach der Eruption haben sich aber insgesamt 1.191 Menschen in die Liste der evakuierten Personen eingetragen. Die Ergebnisse dieser neuen Zählung sollen bis Ende nächster Woche vorliegen.

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Verzögerung bei der Übertragung von Grundstücken blockiert erneuerbare Energien

São Filipe, 1. 2.2015 (Inforpress) – Die Verzögerung bei der Feststellung und Übertragung von Grundstücken durch die Gemeindeverwaltungen auf den Inseln Fogo und Brava kann zur Kündigung des Projektes „erneuerbare Energien für die Pumpsysteme“ auf den beiden Inseln führen, dessen Kosten auf 2.277.000 Euro veranschlagt sind.

Das Projekt, das die Energiekosten der Betreibergesellschaft Aguabrava um ca. 35 % senken würde, hängt nur noch von 4 Grundstücken ab, deren Übertragung von den vier beteiligten Gemeindeverwaltungen seit Dezember 2013 ausgehandelt werden sollte. Die Übertragung weiterer 18 Grundstücke für die Installation des Fotovoltaiksystems wurde von Aguabrava bereits abgeschlossen.

Die Verzögerung kann das Scheitern des Projekts bedeuten, das durch den Kooperationspartner Luxemburg finanziert wird und Ende 2015 abgeschlossen werden soll. Der Erwerb dieser Grundstücken ist eine Voraussetzung, damit die mit der Durchführung beauftragte Firma das System fristgerecht installieren kann.
Angesichts der Verzögerungen erwägt Aguabrava, um eine Übertragung der Gelder auf andere Projekte zu bitten, damit ein Totalverlust der Finanzierung vermieden werden kann.

Im Bereich der Trinkwasserversorgung finanziert der luxemburgische Kooperationspartner derzeit die Erschließung weiterer vier Bohrlöcher, zwei davon in der Nähe der Stadt São Filipe, um mehr Wasser für den privaten Konsum bereitstellen zu können. Diese Informationen wurden durch den Leiter des Unternehmens, José Rodrigues, bestätigt. Er fügte hinzu, dass die Luxemburger bereits die technischen Daten der Bohrungen einschließlich ihrer Tiefe abgefragt haben, um geeignete Pumpen für den Betrieb der Anlagen bestellen zu können.

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Die Maut kommt

Spendenaktion “Hilfe für evakuierte Kinder” von Fogos Kinder e.V.

Sao Filipe, 24.1.2015 (Inforpress)

> Der Bürgermeister von Santa Catarina teilt mit, dass die ursprünglich für den 1. Januar 2015 vorgesehene Mautgebühr für die Chã das Caldeiras nun am 1. März 2015 eingeführt wird. Diese Verschiebung ist sei durch den Vulkanausbruch notwendig geworden. Die praktische Umsetzung wird durch den „Parque Natural do Fogo“ durchgeführt.

> Für ausländische Tagesbesucher beträgt die Gebühr pro Person 500 CVE. Falls sie in der Chã übernachten, reduziert sie sich auf 200 CVE. Außerdem werden Gebühren für die Fahrzeuge bei der Einfahrt in die Chã erhoben. Für Kapverder und Gruppenreisende gelten Sondertarife. Ehemalige Bewohner der Chã sind von der Gebühr befreit. Ob es allerdings in Zukunft überhaupt wieder Übernachtungen in der Chã geben wird, ist zur Zeit noch nicht absehbar.

> Die Gesamtzahl der Besucher der Chã das Caldeiras lag vor der Eruption bei ca. 12000 pro Jahr und man rechnet damit, dass sie sich nach dem Ausbruch von 2014 noch erhöhen wird.

> Die vulkanische Aktivität beschränkt sich zur Zeit auf leichte Gas- und Ascheeruptionen. Lava tritt seit längerem schon nicht mehr aus.

> Die derzeitigen Vulkanaktivitäten lassen nach Expertenmeinung darauf schließen, dass sich der Vulkanausbruch in seiner Endphase befindet.

> Eine für Lastwagen und Allradfahrzeuge geeignete Piste bis zum Monte Amarelo bei Portela wurde gestern freigegeben. Dies bedeutet eine große Erleichterung für die Landwirte, die nun ihre Anbauflächen und Tiere mit einem Fahrzeug erreichen und ihre Ernte abtransportieren können. Auch die am Monte Amarelo gelagerten 30000 Liter Rotwein können nun abtransportiert werden. Sobald die Chã wieder für Besucher freigegeben ist, können sich auch diese vor Ort einen Eindruck von der „neuen Chã das Caldeiras“ verschaffen.

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